Kräftiges Kribbeln in den Füssen
Mehr noch: Barbara Jöhr spürt die Schwingungen, als Beatrice Loeffel die Klangschalen sporadisch mit einem Filzklöppel anschlägt. Die anschwellenden und abklingenden Klänge und Vibrationen wirken angenehm monoton, wie metallischer Singsang. Bald schläft Barbara Jöhr ein, ihre Finger zucken. Später wird sie sagen: „In meinen Füssen hat es kräftig gekribbelt.“ Füsse und Beine sind bei ihr in der Sensibilität stark eingeschränkt; bei anderen Querschnittgelähmten sind sie manchmal gar ganz gefühllos.
Dass Paraplegiker dank der stark vibrierenden Klangschalen ihre Beine spüren, kommt immer wieder vor. „Viele berichten von Kribbeln oder Wärme“, erklärt Loeffel, die seit 16 Jahren in Nottwil tätig ist. Sie spricht deshalb von einer „durchdringenden Klangmassage“, die sie offeriert. Jene Patienten, die bisweilen Aggressionen gegen ihre gelähmten Glieder empfinden, lernen so, diese wieder zu akzeptieren. Gewisse Klangfrequenzen können gar Erinnerungen auslösen, vergessen geglaubte Erlebnisse und Gefühle hervorholen. Beatrice Loeffel: „Bei mir lernen die Menschen im hektischen Therapien-Alltag, zur Ruhe zu kommen und feine Regungen wahrzunehmen.“
Dafür hatte Barbara Jöhr bei ihrem Autounfall 2002 kein Sensorium, als sie wenige Sekunden unachtsam war. Mit ihrem kleinen Zweiplätzer nahm sie eine Abkürzung durch den Wald. Bei dichtem Nebel krachte sie gegen einen Baumstrunk. Jedes andere Auto hätte vermutlich nur einen Blechschaden erlitten – der leichte Kleinwagen aber stürzte mit ihr auf die Seite. Barbara Jöhr brach sich den siebten Halswirbel und sitzt seither im Rollstuhl. Nach etlichen Jahren in der Uhrenbranche hat sie eine andere berufliche Bestimmung gefunden. Sie arbeitet als Marketingleiterin der „5 am Tag“-Kampagne bei der Krebsliga Schweiz. „So bleibt der Körper in Schwung - fünfmal täglich Früchte und Gemüse zu essen ist wohltuend.“